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Große Veränderungen

Handball: Jugend-Bundesliga wird geteilt

Der deutsche Handball steht nach den bereits teilweise gravierenden Reformen der letzten beiden Jahrzehnten in den nachsten rund 20 Monaten vor weiteren tiefgreifenden Veränderungen.

In dieser Serie sollen die einzelnen Schritte und ihre möglichen Auswirkungen so gut es aktuell möglich erscheint, beleuchtet werden. Denn sie betreffen fast alle bis runter zu kleinsten Nachwuchshandballern und auch tiefst spielende Mannschaften (was alles ansteht, siehe Infokasten ganz unten).

Geschlossene Gesellschaft?

Wie schon angekündigt und wie schon so oft seit ihrem Bestehen (Gründung 2011) wird die Jugend-Bundesliga Handball (JBLH) im männlichen Bereich ein weiteres Mal reformiert – und dies äußerst gründlich. Es erweckt fast den Anschein, als ob sich das Oberhaus des deutschen Jugend-Handballs zur geschlossenen Gesellschaft entwickelt.

Jedoch der Reihe nach. Es bleibt wie zuletzt bei 40 Teilnehmern der JBLH (bis 2022 waren es noch 48). Diese werden aber nun in eine erste und zweite Liga aufgespalten. Die obere Gruppe erreichen automatisch die jeweils ersten fünf der beiden Meisterrunden. Für die untere sind die Dritt- und Viertplatzierten der vierstaffeligen Pokalrunde gesetzt. Pokal- und Meisterrunde starten jetzt Ende November/Anfang Dezember nach Abschluss des letzten Vorrundenspieltags.

Die restlichen Meisterrundenteilnehmer (6 Mannschaften) sowie die Starter im Final-Four des Pokals spielen via Qualifikation noch einmal vier „Erstligisten“ aus. Die übrigen sechs Plätze in JBLH 1 werden unter den sechs Verlierern dieser Qualifikation, den vier Verlierern des Pokalviertelfinales und zwei B-Jugend-Teams ausgespielt. Jene sechs, die es dabei nicht in die obere Etage schaffen, sind für JBLH 2 gesetzt. So hat sich Trainer Justin Hahne von der HG Oftersheim/Schwetzingen für die jetzt in Bietigheim beginnende Pokalrunde einen Platz unter den ersten vier zum Ziel gesetzt. „Um damit die Chance auf die JBLH 2 zu wahren.“

Über zwei, drei weitere Ausscheidungsrunden werden dann noch die verbleibenden sechs vakanten Stellen in der zweiten Liga ermittelt. Zunächst dürfen sich nur noch vier Vereine aus den zwölf Oberligabereichen für die Bundesliga-Qualifikationsrunde 3 durchsetzen. Dort trefen sie auf maximal sechs Viertelfinalisten der B-Jugend im Kampf um die deutsche Meisterschaft. Nur vier Teams erreichen dann die vierte und letzte Quali-Stufe und begegnen dort den restlichen Pokalrundenteilnehmer (Ränge 5 und 6).

Reaktionen

Diese Umwälzung trifft nicht überall auf Gegenliebe, aber die Reaktionen sind gespalten (ausführlich siehe anschließend). Vermittelnd meint Martin Berger (Dormagen): „Eine Professionalisierung ist immer gut, wir müssen nur aufpassen, dass die Anzahl der Vereine in der Breite erhalten bleibt.“ Viele wie Sebastian Bagats (Minden) sehen aber die individuellen Förderung und Entwicklung des Nachwuchses in Gefahr: „Wenn ich bereits in einer einfachen Hinrunde, das Ticket für die nächste Jugendbundesliga lösen kann, ist zum einen der Druck bereits zu Beginn der Saison hoch und folgert zum anderen, dass auch eine viel größere mannschaftstaktische Vorbereitung stattfindet.“ Olaf Schwenn (Schwerin) hält hingegen die Veränderungen „für längst überfällig“.

Und das meinen andere betroffene Trainer dazu

Martin Berger, Dormagen: In 1. und 2. JBLH werden sich wieder neue Aspekte zeigen. Eine Professionalisierung ist immer gut, wir müssen nur aufpassen, dass die Anzahl der Vereine in der Breite erhalten bleibt und möglichst viele Talente sich zeigen können.

Marius Schmid, Balingen/Weilstetten: Durch die Jugendbundesligen A und B haben wir die Chance unsere Jungs bei jedem Spiel maximal zu fordern und zu fördern. Die Dichte an Vereinen, welche gute Nachwuchsarbeit machen, wird dadurch erhöht und der Wettkampf wird homogener. Aber es bringt für die Vereine auch organisatorische sowie finanzielle Herausforderungen mit sich.

Björn Piontek, Lemgo: Da wir es eh nicht in der Hand haben, nehmen wir jeden Modus so wie er kommt. An uns ist es dann allerdings, unsere Rahmenbedingungen und unser Tun an die neuen Erfordernisse anzupassen. 

Sebastian Bagats, Minden: Dem aktuellen Modus stehe ich kritisch gegenüber. Wenn ich bereits in einer einfachen Hinrunde, das Ticket für die nächste Jugendbundesliga lösen kann, ist zum einen der Druck bereits zu Beginn der Saison hoch und folgert zum anderen, dass auch eine viel größere mannschaftstaktische Vorbereitung stattfindet, was die individuellen Inhalte an eine nachrangige Position setzt. Ich blicke ich auch noch skeptischer auf die Einführung einer zweigleisigen Bundesliga. Was ist am Ende das Ziel? Wir brauchen gute Handballer, die in der 1. Liga und unserer Nationalmannschaft spielen. Ob eine weitere Klassifizierung dabei förderlich ist, würde ich zur Diskussion stellen.

Alexander Haase, Potsdam: Es ist klar, dass es für unseren Verein sehr schwierig sein wird, in die künftige 1. Liga vorzustoßen.

Sven Hylmar, Burgdorf: Ich bin da geteilter Meinung. Um die Spieler individuell noch stärker zu fördern und mehr an ihr Leistungsniveau zu bringen, sehe ich die Verkleinerung jedoch als sehr sinnvoll an.

Jendrik Neumann, Hamburg-Nord: Für uns ist klar, dass wir durch den neuen Modus in dieser Saison vermutlich das letzte Mal gegen die ganz großen Namen spielen werden. Dadurch entfernt sich die Spitze leider noch weiter von ihrer Basis, zumal ein finanzieller Mehraufwand durch längere Wege im Raum steht.

Jörn Walpurges, Bergischer HC: Es steuert alles auf eine eingleisige Jugendbundesliga hin, die die Spitze sicherlich besser macht, aber in der Breite ein bisschen ausdünnen wird. So wird es fast unmöglich sein, dass es ein ambitionierter Amateurverein mal in die Jugendbundesliga aufsteigen wird. Meiner Meinung nach verlieren wir immer noch in der Anschlussförderung gegenüber anderen Ländern an Boden. Wir müssen unsere gut ausgebildeten Jugendbundesliga-Spieler, im Anschluss oder parallel zu ihrer Jugendzeit weiter auf hohem Niveau spielen lassen – vielleicht in einer U21-Liga.

Silvio Krause, Coburg: Was die Thematik B-Jugend Bundesliga angeht wird vermutlich die Leistungsdichte und das Niveau der Gegner angehoben. Das ganze hat ebenfalls einen logistischen und auch finanziellen Part, der so erstmal gestemmt werden muss.

Bastian Krenz, Rimpar: Die Neustrukturierung der A-Jugend Bundesliga in zwei Klassen reflektiert am Ende die Qualität der Teams. Der deutsche Jugendhandball lebt in einer Vier-Klassen Gesellschaft. Die Reformierung in der A-Jugend und auch die Einführung der JBLH B-Jugend wird das Niveau der Spitze nochmal anheben und die Förderung der besten Talente Deutschlands optimieren. Unsere Sportart muss dennoch gewarnt sein, seine Basis und Breite nicht zu verlieren und dieses Spannungsfeld ist eine der großen Herausforderungen der kommenden Jahre. Der Spitzensport darf sich nicht vollständig von seiner Basis dissoziieren. Der Fußball hat uns vorgelebt, dass das diese Entwicklung keine positive wäre.

Olaf Schwenn, Schwerin: Der A-Jugendleistungsbereich sollte gesplittet werden, um in der jeweiligen Klasse enge und anspruchsvolle Spiele für die Weiterentwicklung zu generieren. Hierfür halte ich eine 1. und 2. JBLH in der A-Jugend sowie die Jugendbundesliga in der B-Jugend ab der kommenden Saison für zwingend erforderlich – und, ehrlich gesagt, für längst überfällig.

Jüngste Historie und Fahrplan der Veränderungen (Auszüge)

2000/01

Regionalliga mit 6 Staffeln deutschlandweit.

BWOL ersetzt die Oberligen Baden, Südbaden und Württemberg.

Einführung Oberliga Berlin/Brandenburg.

2002/03

RPS ersetz Oberligen Rheinhessen, Pfalz und Saarland.

2005/06

Auflösung Regionalligavertrag, Reduzierung auf fünf Staffeln.

2010/11

Regionalligen (fünf Staffeln) sind abgelöst, 3. Liga eingeführt (vier Gruppen), sukzessive Abwicklung der Regionalverbände.

Einführung Oberligen Hamburg/Schleswig-Holstein, Ostsee/Spree (Mecklenburg-Vorpommern, Berlin/Brandenburg), Mitteldeutschland (Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt).

2011/12

Abschaffung der Zweigleisigkeit in der 2. Bundesliga.

Start der JBLHs, männlich im Ligenverband, weiblich nur als Zusatzwettbewerb.

2016/17

Einführung Reginalliga Nordrhein.

2023/24

Im Westen sind Mittelrhein und Niederrhein zum Verband Nordrhein verschmolzen. Dort wird die Ligenstruktur zur Saison 2024/25 verschlankt, die aktuelle dient zur Qualifikation.

Frühjahr 2024

Beginn der Qualifikationsrunden zu den Jugend-Bundesligen B-Jugend männlich und weiblich sowie für die Restplätze der dann 2024/25 zweigliedrigen A-Jugend-Bundesliga.

2024/25

Einheitliche Spielklassenbenennung durch den DHB deutschlandweit.

Reduzierung der Mannschaftszahlen in der 3. Liga Frauen.

Rückkehr der BWOL (dann Regionalliga genannt) zur Einstaffeligkeit mit 16 Treams bei den Männern und 14 bei den Frauen.

Offizieller Start B-Jugend-Bundesliga, JBLH A weiblich jetzt im Ligenverband.

Pflicht zur Hafmittelbenutzung bin in die Regionalligen von Erwachsenen bis einschließlich C-Jugend.

2025/26 

Fusion der BW-Verbände.

Einführung der neuen Spielklassen- und Bezirksstruktur in Baden-Württemberg.

Bild: Lutz Rüffer

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